Kerbespruch 1971
Wenn über
die gelben Stoppelfelder
über die buntgefärbten Wälder,
leise die
Herbstwinde zieh’n,
die Natur
zeigt ihr letztes Grün,
dann ist es
wieder einmal soweit
in Bärstadt herrscht Kerbezeit.
Und zu dem
altbekannten Wiegefeste
erscheint Ihr wiederum als Gäste,
aus der
Ferne und aus der Nähe
gutgelaunt und zahlreich, wie ich sehe.
Der
festliche Rahmen ist abgesteckt,
der
Kerbebaum sich in die Lüfte reckt,
geschmückt
mit vielen buntem Papier
eine wahre Pracht und Zier.
Drinnen
erwartet uns ein guter Wein,
eine
Kapelle spielt für unser Tanzbein,
macht’s wie
Freund „Frohsinn“, der auch im Saal
tanzt, trinkt, singt, jeder nach seiner Wahl.
Doch bevor
wir zum gemütlichen Teile schreiten
möchte ich Euch noch unterbreiten,
was bei uns
so geschieht und geschah,
in dem fast
vergangenen Jahr. – V i v a t!
Im Juli
stieg hier das Fest der Feste,
gekommen
waren tausende Gäste.
In des
Dorfes Straßen es wiederhallt,
denn Bärstadt wurde 1000 Jahre alt.
1000 Jahre,
das ist eine stolze Zeit
und nur wenige Dörfer weit und breit
blicken wie wir, auf eine solche Geschichte zurück
die erzählt von Leid und Glück,
die spricht
von Krieg und Frieden
welche die Zeit uns Allen hat beschieden,
die erzählt
von guten und bösen Tagen
und Generationen, die sie ausgetragen.
So, der
Würde nun voll bewusst
wurde die Feier herausgeputzt,
selbst der
Landrat war zugegen,
eröffnete
das Fest mit schönen Reden.
Das Zelt
erwies sich als zu klein,
denn Viele
wollten und kamen nicht mehr rein.
Eine
Kapelle spielte auf zum Tanz,
mit den
Mikrofonen klappte es nicht ganz.
Biere,
Schnäpse, Weine liefen in rauen Mengen
am Essenstand sah man Menschen nur so drängen.
Gesangvereine sangen in den höchsten Tönen
und Feuerwehren erschienen mit Sirenen.
Man sah
einen Festumzug mit bewegten Bildern
der unsere Vergangenheit tat schildern.
Fanfarenzug,
Kapelle und ein Oldsmobil
Autos der Marke „Fiat“ und deren viel.
Ritter,
Knappen und einen Henker
darunter Wagen- und Traktorenlenker.
Überall sah
man großes Publikum,
welches
stand an den Straßen rum.
Alle fanden
den Umzug wunderbar,
ob’s ein
Gast oder Bärstädter war.
Und ein
Feuerwerk zuckte durch die Nacht,
krönte der
Festlichkeiten Pracht.
Und man hörte: „Gelungen war diese Feier“
jeder sagte es, ob Besier, Rücker oder Meier,
alle waren
stolz auf unsere kleine Stadt
und hoffen, dass sie noch weitere 1000 Jahre zu leben hat. – V i v a t!
Kaum 1000
Jahre alt geworden,
stehen
Probleme vor den Pforten.
Probleme,
bei denen wir nicht gefragt
es wird nur bestimmt und gesagt.
Jahrelang
standen wir auf eigenen Füßen,
doch jetzt
heißt es, wir müssen
teilen mit vier Gemeinden unser Los
kämen dann zu Schlangenbad, wie famos,
nach der
altbekannten Parole
“Niemand Weh“, Allen nur zum Wohle!
Fortschritt
her, Fortschritt hin,
man fragt
sich nach dem Sinn.
Ein Mittelpunkt ist dieser Ort ja nicht,
der steht
schon schlecht zu Gesicht.
Verkleinerung
der Bürokratie, gut und schön
ob es stimmt, müsste man auch erst seh’n.
Außerdem,
das fällt ja auch in die Waage,
stellte
nach Gebäuden sich die Frage.
Gebaut
würde dann, das ist klar,
auf unsere
Kosten, alles was noch nicht vorhanden war.
Dann für
jeden Ort einen Sekretär,
der neben
Schreibdamen zu bezahlen wär,
das
wahrscheinlich teurer wär, wie man weiß
teurer, als wir bezahlten weiter unseren Schultheiß.
Dieser
Sache wäre noch zu bemerken an,
er kennt
sein Dorf besser, als ein fremder Mann.
Doch genug
heute von diesen Dingen,
wir müssen
die Sache über die Runden bringen,
ob wir nun
wollen oder nicht,
besehen in
diesem oder jenem Licht.
Eines Tages
ist es dann soweit,
dann steht
auf dem Ortsschild breit,
in
schwarzer Farbe groß und matt,
„Schlangenbad
– Ortsteil Bärstadt“. – V i v a t!
Früher
haben wir gern gelesen,
von den
Schildbürgern und ihrem Wesen.
Gelacht
über ihre großen Taten,
ob ihrer
Dummheit und ihrem Schaden.
Nur habe
ich gedacht, dass Schildbürgerei
Erfindung eines Schriftstellers sei.
Doch mit
Erstaunen kam ich zu dem Schluss,
dass es
doch „Schildbürger“ geben muss.
Dran denken
muss ich immer dann,
wenn ich
mir sehe den neuen Kircheneingang an.
Da will man
alles bequemer machen
und dann sieht man solche Sachen.
Früher gab
es einen ebenen Gang,
jetzt man
Stufen steigen kann.
Gerade für
alte Leute wird das zur Pein,
wo sie doch
vorher kamen besser rein.
Hätte man
mit dem Geld zum Treppenbau
den „Alten Friedhof“ verschönt aus seinem Grau,
wäre einmal
etwas Besseres geschehen
was man mit Freude könnte besehen. – V i
v a t!
Die Befehle
waren ausgeteilt,
einjeder
sich nun beeilt,
um sich zu
rüsten aus
und dann mit Gedonner aus dem Spritzenhaus.
Zwar nur
eine Übung, aber Übungen müssen sein,
wenn Mann
und Material sollen nicht rosten ein.
Die
Rathausstraße war Schauplatz dieser Sache,
Geräte
wurden ausgepackt mit Gekrache,
die
tapferen Männer, wie sie rannten
Schläuche sich durch die Straßen wanden.
Die
Motorspritze mit Qualm und Geprasser
drückte sogleich durch diese dann das Wasser.
Aber wie
das so ist mit der Materie,
entsteht
dann öfters eine Misere.
Zwar nur
ein ganz kleines Loch
dieses aber reichte jedoch,
um soviel
Wasser abzugeben
welches sich durch den Druck tat erheben,
einer
schönen Fontäne gleich,
um zu
dringen in ein Reich
in das es ja gar nicht sollte
doch das Schicksal es so wollte,
dass da
gerade ein Fenster offenstand,
wodurch
sich nun das Wasser wand.
Der
Besitzer des Hauses, der zugegen war,
sich die Übung
von der Tür aus ansah
bemerkte den Eindringling Wasser,
als es auf
seiner Kappe immer nasser.
Hat das
Dilemma sofort entdeckt
entsetzt und ganz erschreckt
um sofortige Abhilfe dann geschrie’n,
worauf
einige eilten dann auch hin
und nach Klärung der Lage ganz spontan
drehten zu den betreffenden Hahn.
So etwas
kann nun Mal geschehen,
und die
Sache so besehen
hat der ungewollte Wasserschwall
der Hausfrau auf jeden Fall
beim Hausputz einmal unterstützt
wo man beim Putzen doch dieses Nass benützt.
Wenn man das
Wasser jedoch nicht wollte,
ein guter
Rat, den jeder sich merken sollte,
hörst Du
unsere Feuerwehr mit Tatü-Tata,
ins Haus,
Fenster und Türen zu. – V i v a t!
Ach war es
noch eines Bärstädters Freud’
hat ein paar Pfund Samen auf’s Feld gestreut
und dachte jetzt kannst du ruh’n,
brauchst
100 Jahre nichts mehr zu tun.
Und siehe
da, es war wirklich so,
nach einer
Zeit, seine Schweine grunzten froh,
wuchs, so
nach dem letzten Schnee
auf dem Stück 100jähriger Klee.
Doch nicht
lange hielt die Pracht,
denn zwischen
Dämmerung und Nacht
wollte ein
„Fünf-Uhr-Bauer“ schnell,
da es
gerade noch ein wenig hell
seinen Acker pflügen um
und tat dies mit Traktorem-Gebrumm.
Von seiner
Arbeitswut besessen,
hat er wohl
ganz vergessen,
was seines
Feldes Ende war
und des Anderen Anfang stellt dar.
Nur so
konnte es geschehen,
dass von
ihm unbesehen
ein Stück dieser Kleekultur
er mit seinem Traktor überfuhr.
Und da der
Pflug noch dran, wie dumm
ackerte er einen Streifen halt mit um.
Da dies nun
geschehen, der Besitzer ganz entrüst’
sprach, dass sein Schweinchen jetzt sterben müßt’.
Doch hat man sich jetzt geeinigt nun,
was sollte
man auch anderes tun.
Die
Schweinchen bleiben wohl am Leben
und unser Arthur, na ja manchmal geht’s daneben. – V i v a t!
Doch nun
genug der Erzählerei,
man bekommt
eine trockene Kehle dabei.
Mir
gelüstet jetzt nach einem kühlen Nass
und das macht Euch bestimmt auch Spaß.
Ich wünsche
Euch zum Rest von diesem Feste
schöne Stunden und nur das Beste.
Seid
lustig, fidel, tanzt, trinkt, fühlt Euch frei
und wenn’s Euch gefallen hat,
kommt doch
nächstes Jahr wieder vorbei. – V i v a t!